Seminarleitung: Nicole Meyer
Termin: Vorbesprechung: 12. April 2023, 16.45-18.15 Uhr
Kompakt 28./29. April und 19./20. Mai 2023 jeweils 10.00-17.00 Uhr
digital via Zoom-Videokonferenz
Die „Zitronenjette“ gilt als sogenanntes Hamburger Original. In unmittelbarer Nähe zum Michel erinnert eine lebensgroße Statue an Henriette Müller. Sie verkaufte Ende des 19. Jahrhunderts auf den Straßen und in den Kneipen Zitronen, um ihren Lebensunterhalt zu verdienen. Heute würde sie wahrscheinlich als kleinwüchsig und als Mensch mit Lernschwierigkeiten beschrieben werden. Im Seminar werden wir uns eingehend mit ihrem Leben beschäftigen, in dem sich die Diskriminierungsmechanismen Behinderung, Klasse und Geschlecht verdichten. Dies umfasst auch eine kritische Auseinandersetzung mit den unterschiedlichen kulturellen Formen, die in Erinnerung an sie in das kollektive Gedächtnis der Stadt Hamburg eingegangen sind. Bis zu ihrem Tod verbrachte sie über zwanzig Jahre in der „Irrenanstalt Friedrichsberg“. Der sie dort behandelnde Arzt war nicht nur der Direktor der Anstalt, sondern er war zugleich ein entschiedener Vertreter der erbhygienischen Psychiatrie. Mithin kann sein Wirken als ein Beispiel dafür betrachtet werden, wie stark Biologismus und Eugenik das psychiatrische Denken und Handeln zu Beginn des 20. Jahrhunderts in Deutschland bestimmten. Die weitreichenden Folgen bilden einen weiteren zentralen Themenschwerpunkt. Abschließend steht das Konzept der „Normalisierungsgesellschaft“ des französischen Philosophen Michel Foucault im Mittelpunkt.
Die Studierenden setzen sich intensiv mit dem Ansatz der Disability History sowie mit intersektionaler Analyse auseinander. Darüber hinaus diskutieren sie die Relevanz dieser Konzepte für das Feld Soziale Arbeit.